Bologna-Prozess: mit großen Schritten voran

Schnell vorwärts zu einem besseren System Schnell vorwärts zu einem besseren System

EU-Bildung – schon in der Bezeichnung steckt die Bedingung drin, dass es eine europaweite Vereinigung geben muss, bevor man überhaupt kollektiv von der ganzen EU-Bildung in einem Wort sprechen kann. Die Bildungsminister der europäischen Länder hatten einen langen Weg vor sich, und der erste große Schritt in die Richtung eines einheitlichen europäischen Bildungssystems war mit Sicherheit die Gründung der EU. Jedoch war noch ein anderes Element ausschlaggebend für die Entwicklung des modernen Hochschulsystems und Förderprogrammen wie Erasmus: der Bologna-Prozess.


Bachelor -> Master -> Promotion

Im Jahre 1999 trafen sich europäische Bildungsminister in der italienischen Universitätsstadt Bologna und unterzeichneten dort eine Erklärung, die den Grundstein für das moderne dreigliedrige Hochschulsystem legte: Bachelor, Master, und Promotion. Insgesamt 29 Länder verpflichteten sich damals, das Bachelor-Master-System einzuführen und somit einen einheitlichen europäischen Bildungsraum zu schaffen.

Dieser Schritt war wichtig, um folgende Ziele zu erreichen: die Mobilität der Studierenden und des Universitätspersonals sollte gefördert werden und durch einheitliche Studienabschlüsse sollte die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit (heute oft einfach „employablility“ genannt) ebenfalls als Folgeerscheinung verbessert werden.


Transparentes Punkte-System

Nur, wenn das Hochschulwesen europaweit auf faire und transparente Weise vergleichbar ist, können Studentenaustausche organisiert werden und Leute mit abgeschlossenem Studium sich ohne Nachteile im Ausland bewerben – ein entscheidender Schritt, wenn der Binnenmarkt der EU aktiver und der Austausch von Fachkräften reger werden soll.

Diplom war einmal Diplom war einmal

Um diese Vergleichbarkeit der Studiengänge zu ermöglichen, wurde das „European Credit Transfer System“ (kurz: ECTS) eingeführt. ECTS Punkte sind Einheiten, die einer bestimmten Arbeitsleistung an der Universität zugeordnet sind. Man sammelt sie durch das erfolgreiche Belegen von Kursen – je mehr ECTS Punkte ein Kurs hat, desto zeit- und arbeitsintensiver ist er. Für einen Bachelor-Abschluss muss man z. B. mindestens 180 ECTS Punkte zugesprochen bekommen. Auf diese Weise ist es möglich zu garantieren, dass z. B. zwei BWL-Studiengänge aus zwei verschiedenen EU-Ländern in etwa die gleiche Arbeits- und Lernleistung fordern und damit auf dem Arbeitsmarkt als ebenbürtig angesehen werden können.


Immer auf der Jagd nach Verbesserung und Wachstum

Dadurch, dass europäische Hochschulen nun durch das Bachelor-Master System und die ECTS-Punkte vergleichbar sind, fungieren sie automatisch auch als gegenseitige Kontrollgruppen, was sich positiv auf die Qualität der Bildung auswirkt. Denn wenn zum Beispiel Spanien plötzlich nicht nur spanische Ingenieure, sondern auch deutsche und italienische anstellen kann, dann müssen die spanischen Hochschulen zusehen, dass sie den ausländischen Universitäten qualitätsmäßig die Waage halten können, da sonst niemand mehr die spanischen Ingenieure einstellen würde.

Das leitet weiter zum Konzept des lebenslangen Lernens, dessen Einführung und Verbreitung ebenfalls teil der bildungspolitischen EU-Agenda war und ist. Arbeitende sollen sich heutzutage stetig weiterbilden bzw. sich auf dem neuesten Stand des Fortschritts halten. In einer Welt, die extrem wetteifernd ist und in der sich Fortschritt und Innovationen immer schneller gegenseitig überholen, ist dies unerlässlich. Ebenso wirken sich vereinte Kräfte im Forschungsbereich positiv auf die Märkte aus.


Auf der menschlichen Seite

In einer international vernetzen Ökonomie, wo Fachkräfte aus verschiedenen Ländern erfolgreich zusammenarbeiten müssen, ist es imperativ, dass der Zusammenprall von Sprachen und Kulturen nicht zum geschäftlichen Hindernis wird. Das Stichwort heißt interkulturelle Kompetenzen – die Fähigkeiten, die im Zeitalter der Globalisierung auf dem Arbeitsmarkt so gefragt sind wie nie zuvor.

Zu diesen Fähigkeiten, im Jargon gerne als Teil der „soft skills“ bezeichnet, gehören auf jeden Fall eine weltoffene Denkweise, Respekt und Empathie für andere Kulturen sowie ein gewisser Grad an Sensibilität und Interesse am Unbekannten.

So subtil diese Dinge auch erscheinen mögen, sie sind doch unerlässlich für jemanden, der professionell und einnehmend mit Kunden aus aller Welt umgehen soll. Jedoch sind solche erlernten Charaktereigenschaften nicht nur auf der Arbeit, sondern auch im täglichen Leben und im privaten Umgang mit anderen Menschen von Vorteil – selbst mit denen aus dem eigenen Land. Unserer Meinung nach sollte „Interkulturelle Kompetenzen“ sogar als Schulfach eingeführt werden – schaden kann das niemals!